Beiträge

Sharing Economy

Nutzen statt besitzen – das Prinzip der „Sharing Economy“

Teilen, Tauschen und Leihen gilt seit einigen Jahren als Trend und als Alternative zum „klassischen“ Konsum. Viele Apps und Online-Plattformen haben sich bereits etabliert. Wie können sie dazu beitragen, Ressourcen zu schonen und die Belastung von Umwelt und Klima zu verringern?

Ein eigenes Auto kaufen? Carsharing reicht vielleicht. Ein neues Outfit muss her? Sicher gibt es wieder ein paar schöne Sachen in der Internet-Kleiderbörse. Am Wochenende wird endlich das Regal angeschraubt? In der Online-Nachbarschaftsgruppe findet sich sicher jemand, der seine Bohrmaschine verleiht.

Diese Beispiele wirken alltäglich – doch sie werden häufig als Teil einer relativ neuen Entwicklung im Bereich des Konsums genannt, mit der viele Hoffnungen verbunden sind. Es geht um die sogenannte Sharing Economy (oft auch: „Shareconomy“). Der Begriff kann übersetzt werden mit „Wirtschaft des Teilens“. Dabei geht es um das gegenseitige Bereitstellen von Gegenständen oder auch Räumen. Das allein ist nicht neu, Bibliotheken zum Beispiel gibt es schließlich bereits seit Jahrtausenden. Beim Begriff der „Sharing Economy“ spielt jedoch auch das Internet eine wichtige Rolle.

Das Teilen, Tauschen und Leihen gilt seit einigen Jahren als Trend und als Alternative zum „klassischen“ Konsum. Vor einigen Jahren war der Begriff „Sharing Economy“ noch präsenter als heute. Im Jahr 2013 war er Thema der damals bedeutenden Elektronikmesse Cebit. Bereits 2011 zählte das Time-Magazine „Sharing“ zu den zehn herausragenden Ideen, die die Welt verändern werden.  

Das Prinzip ist heute nicht weniger relevant, im Gegenteil. In manchen Lebensbereichen ist es mittlerweile etabliert. Einzelne Plattformen sind bekannter als der Begriff „Sharing Economy“. Dazu zählen Airbnb, die Plattform zur Vermittlung von privaten Unterkünften, die Mitfahrzentrale Blablacar oder die Plattform Kleiderkreisel.

Mit dem Prinzip des systematischen Teilens werden einerseits verschiedene Hoffnungen verbunden, andererseits gibt es Kritik an einigen heute existierenden Plattformen. Ein Beispiel ist die Vermittlung von privaten Unterkünften. In einigen touristisch besonders attraktiven Regionen wird befürchtet, dass Wohnraum dauerhaft zweckentfremdet wird.

Auch einige sogenannte Ridesharing-Plattformen stehen in der Kritik. Sie vermitteln Fahrten in privaten PKW, wobei es zu Konflikten mit den geltenden Regeln für Fahrdienste kommen kann.

Doch viele Ansätze haben das Potenzial, Ressourcen zu schonen und die Belastung von Umwelt und Klima zu verringern. Hinzu kommt, dass sie neue Impulse für die Gesellschaft setzen können.

Konsum wird zur Belastungsprobe für die Umwelt

Ansätze zur Verringerung des Ressourcenverbrauchs und von Umweltschäden im Bereich des Konsums sind grundsätzlich hochinteressant. Denn der Handlungsbedarf ist groß (siehe Hintergrundtext: Umweltbewusstsein, Konsumverhalten und nachhaltiger Konsum).

Was Menschen besitzen und wie sie konsumieren spielt eine wichtige Rolle für Wirtschaft und Gesellschaft – vor allem in den Industrieländern. 2019 machten private Konsumausgaben 52,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland aus. Zugleich hat intensiver Konsum weltweit ökologische und soziale Schattenseiten.

Insgesamt wird unser Konsumverhalten zu einer globalen Belastungsprobe für die Umwelt. Es wirkt sich zum Beispiel auf den Ausstoß von Treibhausgasen aus. Die jährlichen Emissionen pro Kopf liegen in Deutschland bei 11,61 Tonnen CO2-Äquivalenten. Damit sind sie fast doppelt so hoch wie der weltweite Durchschnitt.

Die Konsumausgaben der Haushalte in Deutschland stiegen allein von 2014 bis 2019 um 14 Prozent. Dabei geben Haushalte mit höherem Einkommen mehr für Konsum aus. Damit geht ein höherer Energieverbrauch einher, und es werden mehr Umweltressourcen in Anspruch genommen.

Kritik an der „Wegwerfgesellschaft“

Insgesamt haben immer mehr Haushalte immer mehr Güter. Die Zahl der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte steigt, und ebenso steigt der Ausstattungsgrad der Haushalte.

Zudem werden viele Waren aufwändig produziert, aber nur relativ kurz und wenig genutzt – obwohl sie häufig eine längere Lebensdauer haben könnten. So enthalten Mobiltelefone wertvolle Rohstoffe und sind meist noch gebrauchstüchtig, wenn sie durch neue, modernere Geräte ersetzt werden. Das geschieht oft schon nach ein oder zwei Jahren. Längst nicht alle Produkte werden recycelt.

Jedes fünfte in Deutschland verkaufte Kleidungsstück wird so gut wie nie getragen. Viele Kleidungsstücke werden nur für eine Saison gekauft („Fast Fashion“) und qualitativ entsprechend nachlässig produziert. Solch ein Lebens- und Konsumstil, bei dem Produkte nur eine kurze Lebensdauer haben, wird von Kritikern auch mit dem Begriff der „Wegwerfgesellschaft“ beschrieben.

Welches Potenzial hat die „Sharing Economy“?

Teilen, Tauschen und Leihen ermöglichen es, Dinge und Räume effizienter zu nutzen. Das spart Ressourcen und verringert die Belastung für Umwelt und Klima.

Das Beispiel Carsharing veranschaulicht, welches Potenzial das Prinzip des Teilens hat. Ein privater PKW wird durchschnittlich nur eine Stunde am Tag bewegt. Er steht also 23 Stunden am Tag ungenutzt herum. Ein Carsharing-Fahrzeug kann mehrere private PKW ersetzen. Der Blaue Engel, das Umweltzeichen der Bundesregierung, hat Vergabekriterien für Carsharing-Anbieter.

Das Prinzip lässt sich auf vieles übertragen, unter anderem auf Bohrmaschinen. Dieses Beispiel nennt die US-amerikanische Trendforscherin Rachel Botsman, eine bekannte Verfechterin der „Sharing Economy“. Bohrmaschinen gibt es in sehr vielen Haushalten, doch sie kommen nur während eines Bruchteils ihrer gesamten Lebensdauer zum Einsatz.

Dabei brauchen wir nicht den Bohrer, sondern das Loch in der Wand.

Botsman meint, dass sich die Gesellschaft in einem Kulturwandel befindet, bei dem sich das Verhältnis der Menschen zu den Dingen radikal verändern wird. Der Besitz von neuen Produkten verliere an Bedeutung für sozialen Status und Alltagsleben, so Botsman. Nicht mehr das Eigentum an Dingen zähle, sondern der Zugang zu ihnen.

Wie erleichtert das Internet das „Teilen“?

Tausch- und Teilmodelle brauchen bestimmte Voraussetzungen, damit sie funktionieren. Eine entscheidende Voraussetzung ist Vertrauen. Traditionelle Formen des Teilens blieben meist auf die engen sozialen Zusammenhänge von Familie, Nachbarschaft und Freundeskreis begrenzt. Hier gründet das Vertrauen darauf, dass man einander kennt.

Eine weitere Voraussetzung ist, Partner zu finden: Wer hat, was ich brauche? Mit wem kann ich teilen?

Mit dem Internet sind die Möglichkeiten gewachsen, Dinge weiterzugeben oder gemeinsam zu nutzen – nicht nur mit Freunden, sondern auch mit Fremden. Plattformen zum Teilen umfassen in der Regel Funktionen, um Vertrauen herzustellen und Risiken zu minimieren.

Und sie müssen einen ausreichend großen Markt schaffen. Es ist eine kritische Masse von Teilnehmenden nötig, damit sich das Angebot für alle lohnt.

Eine Möglichkeit, Vertrauen unter einander unbekannten Menschen aufzubauen, wird von zahlreichen Plattformen verwendet: Nutzerinnen und Nutzer bewerten und kommentieren einander. Die Zahlungsvorgänge werden über die Plattform organisiert, es gibt zum Teil Sicherungsmaßnahmen gegen Zahlungsausfälle.

Was sind die zentralen Merkmale der „Sharing Economy“?

In der Praxis wird eine große Vielfalt von Möglichkeiten der „Sharing Economy“ zugerechnet. Gemeinsam ist ihnen, dass es um das Teilen und Weitergeben geht – in Abgrenzung zum exklusiven Besitzen.

Manche Projekte sind kommerziell, andere nicht kommerziell; bei manchen Ideen geht es um die gemeinsame Nutzung, bei anderen um das Weitergeben gebrauchter Gegenstände an weitere Nutzer; es kann um materielle oder virtuelle Güter gehen bis hin zu Dienstleistungen, Wissen und Fähigkeiten – wie etwa bei der Reparatur kaputter Gegenstände.

Ein weiteres gemeinsames Merkmal ist, dass die praktische Abwicklung über Internetplattformen stattfindet. Ihre Funktionen ermöglichen, dass einzelne Personen in direkten Austausch treten können.

Von Carsharing bis Second Hand

Carsharing-Dienste gehören zu den bekanntesten Beispielen für das systematische Teilen. Lange Zeit galt der Besitz eines eigenen Autos als wichtiges Statussysmbol. Studien zeigen, dass dies bei jüngeren Menschen immer weniger der Fall ist.

Es gibt eine Reihe von kommerziellen Carsharing-Anbietern. Die Nutzer/-innen registrieren sich dort. Wenn sie ein Auto brauchen, reservieren sie es online oder per App und holen es ab. Die Gebühren werden automatisch abgerechnet. Bei manchen Anbietern werden die Fahrzeuge an festgelegten Stationen abgeholt und wieder abgestellt. Bei anderen können die Fahrzeuge flexibel in einem bestimmten Gebiet geparkt werden. Wer ein Auto braucht, lässt sich per App die Fahrzeuge in der Nähe auf einer Karte anzeigen.

Daneben gibt es auch Carsharing-Plattformen für private Fahrzeuge. Wer ein Auto besitzt und es nicht ständig selbst braucht, kann es über diese Dienste an andere vermieten.

Fast schon klassisch sind dagegen Fahrgemeinschaften und Mitfahrzentralen. Auch für sie gibt es spezielle Internetplattformen. In den vergangenen Jahren sind in diesem Bereich vor allem in den USA neue Plattformen entstanden. Sie werden als „Ridesharing“-Dienste bezeichnet.

Ein weiteres bekanntes Beispiel ist die Vermittlung von privaten Unterkünften.

Daneben gibt es eine große Bandbreite von Plattformen für Gebrauchsgüter. Sie reicht von Märkten für Second-Hand-Produkte über Tausch- und Schenkplattformen bis hin zu Formen des Mietens und Leihens. Es gibt spezialisierte Plattformen unter anderem für Kleidung, Bücher, Elektronik und Spielwaren.

Second-Hand-Plattformen ermöglichen eine längere Nutzung von Gegenständen. Für ihre Nutzer bieten sie finanzielle Vorteile und erleichtern es so, gesuchte Güter zu erwerben.

Ähnliches gilt für nicht kommerzielle Tauschbörsen. Zwar sind die Gegenstände noch exklusives Eigentum von Einzelnen – aber nur noch zeitweise. Auch hier zeigt sich eine alternative Haltung zum Konsum: Ein gebrauchtes Produkt hat seinen Wert, solange es seine Funktion erfüllt. Was man sich anschafft, muss nicht immer auch fabrikneu sein.

Herausforderungen und Kritik

Eine Reihe von Plattformen der „Sharing Economy“ sind in den vergangenen Jahren in die Kritik geraten. Teilweise geht es dabei um Missbrauch der Plattformen, teilweise auch um problematische Entwicklungen, die mit der Nutzung einhergehen.

Ein Beispiel ist die Vermittlung von privaten Wohnungen auf Zeit. In vielen attraktiven Städten ist das Modell äußerst erfolgreich – was dazu geführt hat, dass Wohnraum immer knapper werde, so die Kritik. Denn die Vermietung kann ein sehr gutes Geschäft sein. Viele Wohnungen werden daher mittlerweile dauerhaft vermietet.

Auch einzelne Plattformen für Mitfahrgelegenheiten wurden in den vergangenen Jahren kontrovers diskutiert. Dazu gehörten vor allem neue sogenannte „Ridesharing“-Plattformen aus den USA. Dabei bieten private Fahrerinnen und Fahrer ihre Dienste und ihre Fahrzeuge an. In Deutschland führte dies vor allem zu Kritik, weil die Plattformen somit eine Art Taxidienst darstellen, aber die für Taxidienste geltenden Standards nicht einhalten.

Die „Sharing Economy“ könne zwar einerseits Märkte in Bewegung bringen, Arbeitsplätze schaffen und die Möglichkeiten des Konsums erweitern, so eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums. Andererseits könne es schwierig sein, Regeln durchzusetzen. Grundsätzlich sei es schwierig, die Chancen und Herausforderungen der „Sharing Economy“ abzuwägen, denn die Ansätze seien sehr heterogen.

Wie kann ich Teil der „Sharing Economy“ werden?

Die Möglichkeiten des Teilens, Leihens und Tauschens sind ungeheuer vielfältig. Viele Plattformen für Gebrauchtes lassen sich unkompliziert ausprobieren – sei es, um Dinge zu suchen oder um selbst etwas anzubieten. Das spart nicht nur Ressourcen im Vergleich zum Neukauf, sondern auch Geld. Zudem kann es viel Spaß machen.

Nicht immer sind spezielle Apps und Internetplattformen nötig. Wer einen Gebrauchsgegenstand benötigt, kann die Gelegenheit auch nutzen, sich in der Nachbarschaft oder auf dem nächsten Flohmarkt umzuschauen. Das ist neben dem ökologischen auch ein sozialer Gewinn.

Neben speziellen Plattformen bieten auch Nachbarschaftsgruppen in sozialen Netzwerken Möglichkeiten zum Leihen und Tauschen.

Weiterführende Links

Umweltbundesamt: Leihen, tauschen, teilen https://www.umweltbundesamt.de/themen/leihen-tauschen-teilen-0

Umweltbundesamt: Car-Sharing
https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/car-sharing#angebotsformen-des-car-sharing

Bundeswirtschaftsministerium: Sharing Economy im Wirtschaftsraum Deutschland
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/sharing-economy-im-wirtschaftsraum-deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Umweltbundesamt: Soziale Innovationen im Aufwind
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/soziale_innovationen_im_aufwind_bf_1.pdf 

Quelle: https://www.umwelt-im-unterricht.de/hintergrund/nutzen-statt-besitzen-das-prinzip-der-sharing-economy/

Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.

Sie dürfen diesen Text unter anderem ohne besondere Genehmigung verwenden und bearbeiten, z.B. kürzen oder umformulieren, sowie weiterverbreiten und vervielfältigen. Dabei müssen www.umwelt-im-unterricht.de als Quelle genannt sowie die oben genannte Creative Commons-Lizenz verwendet werden. Details zu den Bedingungen finden Sie auf der Creative Commons-Website.

Aufmacherbild / Quelle / Lizenz
Photo by Kai Bossom on Unsplash

Liveshopping: Was deutsche Marken jetzt wissen müssen

von Cami Chiang

Über 780 Millionen Menschen folgen den Streams von Marken und sogenannten Key-Opinion-Leadern “KOLs” in China. Was dort bereits unter dem Oberbegriff Social Commerce fester Bestandteil aller großen E-Commerce Plattformen und mancher Social Media Apps ist, wird vermehrt auch von deutschen Unternehmen wie dem Kaffeehersteller Tchibo in die Marketingstrategie aufgenommen. Doch was genau steckt hinter dem Trend? Und wie funktioniert Social Commerce in der Praxis?

Seit Liveshopping vor fünf Jahren von E-Commerce Gigant Alibaba in deren Taobao App, einer zentralen Anlaufstelle für Commerce von B2B bis C2C, eingeführt wurde, hat sich viel getan. Die Technologie wurde von allen großen Wettbewerbern aufgenommen, weiterentwickelt und hat vor allem auch Chinas E-Commerce nachhaltig verändert. In 2021 ist Liveshopping essenzieller Teil des Social Commerce, also der Vermarktung von Produkten über Influencer, von denen die bekanntesten in der Volksrepublik als KOLs bekannt sind. Auch internationale Mitbewerber:innen wie der britische Hautpflegeexperte Dr.PAWPAW, bekannt vom Set der Erfolgsserie Bridgerton, setzen in ihrer Chinastrategie auf Liveshopping.

Was hat es mit Liveshopping auf sich?

Liveshopping bietet Marken die Möglichkeit, Produkte direkt durch Livestreams zu verkaufen. Kund:innen werden die vorgestellten Produkte live angezeigt, die sie mit einem Klick kaufen können, ohne die Plattform zu verlassen. Streaming, Rabatte, Produktauswahl und Zahlung—alles wird auf einer Plattform zusammengeführt.

„Liveshopping ist äußerst facettenreich und kann unterschiedlichste Ziele verfolgen.“

Cami Chiang, Senior Director Office Taipei bei oddity Asia

Theoretisch können Brands bereits mit einer funktionierenden Kamera und einer stabilen Internetverbindung direkt loslegen. Doch ganz so einfach ist erfolgreiches Liveshopping in der Praxis natürlich nicht. Neben grundlegenden Fragen wie Timing und Frequenz müssen Hosts, Kanäle, Produkte und weitere Aspekte des Liveshopping, spezifisch für die jeweilige Marke ausgewählt und zugeschnitten werden.

Soll beispielsweise mit einem KOL gearbeitet werden oder doch lieber ein firmeninterner “in-house livestreamer” Produkte vorstellen? Ähnlich wie in einem traditionellen stationären Geschäft, unterstützen Expert:innen beim in-house livestreaming potentielle Kund:innen im Onlineshop, beantworten Fragen live und verteilen sogar Coupons.  Die feste Integration von Livestreamer:innen in das Customer Service Team einer Marke kann für zusätzliche Vorteile sorgen, wenn Kund:innen auch detaillierte und einzelfallspezifische Fragen direkt und zutreffend live beantwortet werden können. 

Oft empfiehlt sich ein Mix. Dr.PAWPAW beispielsweise setzt sowohl auf bekannte Influencer:innen, um Sichtbarkeit zu erhöhen, als auch auf in-house Livestreamer:innen, um Konvertierungsraten zu erhöhen und Kundenloyalität zu schaffen. Ende August erreichte die Marke über einen Livestream außerhalb des eigenen Shops auf Taobao LIVE über 800.000 Zuschauer:innen, die innerhalb von 5 Minuten mehr als 1000 Mal Dr.PAWPAWs Original Balm kauften. In-house Livestreams finden bei Dr.PAWPAW während großer Kampagnen täglich statt.

Da jede Marke sich an einem anderen Punkt der Marktdurchdringung befindet, unterschiedlich bekannt ist, über bestimmte Budgets verfügt und andere Ziele verfolgt, muss auch für jede Marke eine eigene Strategie entwickelt werden, um Liveshopping erfolgreich zu betreiben. Es gibt nicht den einen Ansatz, der jede Marke zum Erfolg führt.

Welche Ziele sollten gesetzt werden?

Liveshopping ist äußerst facettenreich und kann unterschiedlichste Ziele verfolgen. Entsprechend muss die Strategie genau auf diese ausgerichtet werden. Soll die Bekanntheit der Marke erhöht werden? Soll Vertrauen zwischen Marke und Kund:in aufgebaut werden? Dann empfiehlt sich in diesen Fällen wahrscheinlich mit namhaften KOLs zusammenzuarbeiten, um deren Nutzerbasis zu aktivieren und für das Sortiment zu interessieren.

Liegt der Fokus stattdessen eher darauf, eine enge Kundenbindung zu schaffen und die Conversionrate im Onlineshop zu erhöhen? Hier könnte sogenanntes In-House Livestreaming mit authentischen Markenbotschaftern und geringerer Reichweite die passende Lösung sein. Diese können laut einem McKinsey Artikel die Conversionrate im Vergleich zu herkömmlichen E-Commerce bis zu verzehnfachen.

Bereits im Seedingprozess vor Markteintritt arbeitete Dr.PAWPAWs Partner für China, oddity Asia, mit Influencern zusammen, um das Interesse für die bis dato dort kaum bekannte britische Trendmarke bei potenziellen Kund:innen zu wecken. Seit Markteintritt im März 2021 folgen nun schon über 72.000 Fans dem Dr.PAWPAW Tmall Global Flagship Store—eine beachtliche Zahl im hochkompetitiven Beautymarkt China. Die strategische Verwendung von Liveshopping hat erheblich zum Erfolg des Shops beigetragen.


„Ob als großes, öffentlichkeitswirksames Event oder zunächst nur im kleinen Stil: Liveshopping bringt frischen Wind in die E-Commerce Landschaft und bietet kleinen wie großen Marken neue Vertriebs- und Marketingmöglichkeiten.“


Social Commerce in Deutschland

Influencermarketing ist auch in Deutschland nichts Neues. Besonders auf Instagram und YouTube arbeiten Marken hierzulande gerne mit externen Markenbotschafter:innen zusammen. Doch auch Liveshopping wird immer beliebter. Einige Marken haben bereits damit begonnen, ähnliche Funktionen in ihre Onlineshops zu integrieren, um dort Produkte live vorzustellen.

Besonders mit Blick auf die Covid-19 Pandemie wünschen sich Kund:innen immer mehr personalisierte und persönliche Shoppingerlebnisse online. Liveshopping ermöglicht es, Entertainment und Beratung wie in traditionellen Geschäften mit dem Komfort, den E-Commerce bietet, zu verbinden. Der Blick nach Fernost legt nahe, dass Liveshopping auch den deutschen E-Commerce mittel- bis langfristig verändern wird. Marken haben jetzt die Chance, von China zu lernen und den First Mover Advantage in Deutschland für sich zu nutzen. Ob als großes, öffentlichkeitswirksames Event oder zunächst nur im kleinen Stil: Liveshopping bringt frischen Wind in die E-Commerce Landschaft und bietet kleinen wie großen Marken neue Vertriebs- und Marketingmöglichkeiten.

https://www.oddity-asia.com/

Über Cami Chiang

Cami Chiang ist Senior Director Office Taipei bei oddity Asia, einem Full-Service-Partner für E-Commerce und digitales Marketing, der europäischen FMCG-Unternehmen bei der Expansion nach China zur Seite steht. Mit ihrer langjährigen Erfahrung im globalen Marketing und tiefgreifender Kenntnis des chinesischen E-Commerce unterstützt sie Marken wie dm-drogeriemarkt bei ihrem Markteintritt in den chinesischen Markt.

Digitalisierung am PoS

Unser Leben hat sich geteilt: Vor der Corona-Pandemie und danach. Ob wir bereits im „danach“ angekommen sind, ist noch nicht absehbar, aber eines ist sicher – viele Dinge und Verhaltensweisen haben sich geändert. Was geht und was bleibt? Was hat uns nachhaltig beeinflusst? Aus Sicht des Handels und der Paymentunternehmen hat sich am Point-of-Sales insbesondere das Bezahlverhalten gewandelt.

Wer hätte das vorhersehen wollen – Hinweisschilder bei den großen Handelsunternehmen appellieren an die Kunden für eine bargeldlosen Zahlung. Hygiene, aber auch Schnelligkeit ohne Schlange stehen haben dem Bargeld ein wenig von seinem alten, übermächtigen Präsenz genommen. Speziell kontaktloses Zahlen hat an
Beliebtheit gewonnen, was auch Zahlen des CCV Netzbetriebs belegen: Exponentielle Wachstumsraten begleiten die Monate der Lockdowns, insbesondere für die Girocard kontaktlos. Auch die Erhöhung des Betrags zur kontaktlosen Zahlung ohne PIN-Eingabe auf 50 € durch die Deutsche Kreditwirtschaft hat ihr übriges für die gestiegene Akzeptanz getan.

Ein Trend, der bleiben wird – denn Hygiene, Schnelligkeit und Komfort werden auch in Post-Coronazeiten geschätzt werden. Frühere Hemmschwellen eingefleischter Bargeldzahler wurden überwunden, um nicht wieder aufgebaut zu werden. Dieses neue Bezahlverhalten gilt es nun auf Seiten von Paymentbranche und auch Handel aufzugreifen und zu pflegen, ist es doch der erste große Schritt für die Akzeptanz und Etablierung neuer, digitaler Lösungen am Point-of-Sales.


Unsere Autorin

Susanne Kohlhofer ist seit 2008 als Corporate Communication Lead beim Paymentdienstleister CCV fest in der Paymentbranche verankert und begleitet die neuesten Entwicklungen, Trend und Innovationen am bargeldlosen Point-of-Sales.


Warum ist Digitalisierung am Point-of-Sales so wichtig?

Wir leben in einer neuen Gesellschaft der Apps, die als kleine, schlanke Programme unser Leben begleiten, bereichern und auch erleichtern. Für Prozesse am Point-of-Sales waren ähnliche Set-ups auf den klassischen Paymentterminals bisher nicht abbildbar, denn Sicherheitsbestimmungen und Zertifizierungen ließen Installationen abseits reiner Bezahlfunktionen nicht zu.

Heute wandelt sich das Bild: Die neue Generation Bezahlterminals arbeitet mit einem Android-Betriebssystem, das bereits in sich Vorteile birgt wie z.B. ein hervorragendes Batteriemanagement – eine hoch effiziente Leistung, die sich aus den stetigen Optimierungen für den Smartphone Betrieb ergibt.


„Die heutige Entwicklung zeigt, dass Kartenzahlungen und im nächsten Schritt Mobile Payment über die digitalen Wallets auf Smartphones und Smart Watches sich als Standardbezahlmittel immer stärker in den Köpfen der Verbraucher als gut und vorteilhaft festsetzen.“


Apps verbinden und schaffen Mehrwerte – gerade am Point-of-Sales, der als Touchpoint in jeder Customer Journey vorkommt und nachhaltige Eindrücke schafft. Die Vorteile der Apps richten sich hier sowohl an Händler als auch an deren Kunden. Der Händler hat erstmalig die Chance, seine Kassenperipherie mit Apps schnell und on-demand zu optimieren und muss nicht zwingend in additive Hardware investieren. Trial-versions von z.B. Kassensystemen auf App-Basis helfen, das richtige Programm zu testen und damit vertraut zu werden. Neue Geschäftsmodelle oder – wie auch während der Corona-Pandemie – neue Anforderungen lassen sich durch Apps schnell aufgreifen, z.B. der Umstieg auf Lieferservice oder die Verknüpfung von stationärem Geschäft mit einem Onlinesortiment.

Die klassische Customer Journey hat sich gewandelt, ebenso wie unser Verständnis von Komfort. Der Supermarkt wird nicht mehr nur für den Wocheneinkauf angesteuert, sondern z.B. auch für die zwischenzeitliche Betankung des e- oder Hybridfahrzeugs. Die bargeldlose Bezahlung an der Ladesäule und an der Kasse im Markt soll in Art und Komfort identisch und optimalerweise miteinander verquickt sein: Eine Stunde Tanken beinhaltet einen Kaffee-to-Go gratis oder umgekehrt eine gratis Stromladung für die Dauer des Einkaufs. Diese moderne Art des Cross Selling muss durch moderne Bezahlsysteme unterstützt werden und im Hintergrund für den Händler bzw. Betreiber zu homogenen und schnell integrierbaren Systemen zusammengefasst werden – über Android-basierte Managementtools eine leichte Übung.

Im Self-Service Bereich erweisen sich Bezahlterminals mit Android-Technologie als besonderer Meilenstein. Der bisher statische Verkauf an Automaten (Vending, Parken, Public Transport oder Ticketing) gewinnt an Dynamik und damit eine höhere Kundenbindung. An hochmodernen Geräten wie dem CCV IM30 können Preise stundenaktuell konfiguriert werden und interaktive Service-Apps via Kamera aktiviert werden, um nur einige der Funktionen zu nennen.

Digitale Terminals sind im Kommen

Apps sind in unserem Leben bereits fest etabliert und deren flexible und on Demand Nutzung nicht nur beliebt, sondern auch bereits Standard. Die heutige Entwicklung zeigt, dass Kartenzahlungen und im nächsten Schritt Mobile Payment über die digitalen Wallets auf Smartphones und Smart Watches sich als Standardbezahlmittel immer stärker in den Köpfen der Verbraucher als gut und vorteilhaft festsetzen.

Wenden sich die mobilen Wallets an den Endverbraucher – also denjenigen, der die Zahlung tätigt – so kristallisiert sich am anderen Ende das Smartphone auch als Business-Gerät für den Händler heraus. Was liegt also näher, als das Smartphone selbst in ein Bezahlterminal zu verwandeln?

Auch dies ist schon heute möglich durch die Installation von sogenannten SoftPOS Apps, die mit allen Sicherheitsvorkehrungen das Smartphone zu vollwertigen Kartenlesern aufrüsten.

Diese digitalen Terminals sind die Basis für eine Zukunft, in der Androidsysteme über Displays Kartenakzeptanzen ermöglichen und über eine PIN-on-Glas Technologie auch die Eingabe von PIN-Nummern abbilden können. Die Deutsche Kreditwirtschaft, als Institution für sämtliche Sicherheitsfragen im Bereich Payment verantwortlich, hat für die „CCV PhonePOS“ als erstem digitalen Terminal die Zertifizierung für die girocard, dem wichtigsten deutschen bargeldlosen Bezahlmittel, anerkannt.

Heute sehen ca. 68 % der CIOs der großen Retailunternehmen (Quelle: EHI Retail Technology Research 2021) mittelfristig weiterhin klassische Terminals an den Kassenplätzen. Der Blick ist jedoch schon nach vorne in die Zukunft gerichtet. So sind Androidsysteme vorherrschend an vielen strategisch wichtigen Touchpoints der Customer Journey, man denke auch an die Infotainmentsysteme in Fahrzeugen, die sich mit den Android-Apps auf den Smartphones der Insassen verbinden.

Komfortables und modernes Bezahlen muss sich diesen Gegebenheiten anpassen, die Nutzung von Apps auf den heutigen Kartenterminals ist ein erster Schritt. Die Technologien von morgen wie das digitale Terminal CCV PhonePOS benötigen noch einen Schub im Sinne von Akzeptanz und Vertrauen. Die großen Finanzinstitute sind bereits am Zug, die Kartenakzeptanz per Smartphone unter eigener Marke in ihr Portfolio aufnehmen und unter ihrem Schirm einem breiten Markt zugänglich machen.

Auf Verbraucherseite verbinden sich nahtloses Bezahlen und Services am Point-of-Sales im Sinne eines umfassend komfortablen Einkaufserlebnisses, das nicht an der Kassenzone Halt macht.

https://www.ccv.eu/de/

Was bringen QR-Codes?

Eine empirische Studie zu ihrem Nutzen an Einzelhandelsgeschäften

von Univ.-Prof. Dr. Hendrik Schröder und Dr. Sophie König

QR-Codes, die Händler an ihren Schaufenstern und Fassaden anbringen, lassen sich als eine Möglichkeit betrachten, die Wettbewerbssituation der stationären Geschäfte zu stärken. Der Gedanke: QR-Codes erhöhen die Reichweite der Geschäfte, wenn sie erstens Kunden auch außerhalb der Öffnungszeiten erreichen, zweitens Kunden ansprechen, die während der Öffnungszeiten das Geschäft nicht betreten wollen oder können, und drittens Kunden interessieren, die zwar im Geschäft sind, aber vor dem Betreten oder nach dem Verlassen des Geschäftes noch Informationen oder den Zugang zu Online-Seiten erhalten, die sie innerhalb des Geschäftes nicht erlangen. QR-Codes haben das Potenzial, anonyme Kunden zu „persönlich bekannten“ Kunden zu entwickeln. Wenn die Kunden bereit sind, ihre persönlichen Daten anzugeben und der Zusendung von Informationen einzuwilligen, so eröffnen sich den Händlern neue Wege der persönlichen Ansprache. Nicht ausgeschöpft werden kann das Potenzial, wenn die QR-Codes nur schlecht wahrzunehmen sind, ihr Gebrauch Probleme bereitet, der vermittelte Nutzen fraglich ist oder die Passanten die QR-Codes nicht scannen.

Die Einschätzung der Praxis

Es gibt eine Reihe von Veröffentlichungen aus der Praxis, die über Erfolgsgeschichten der QR-Codes schreiben, QR-Codes auf Erfolgskurs sehen oder über Erfolg versprechende Einsatzmöglichkeiten berichten, ohne sich auf empirische Ergebnisse zu stützen. Um eine solche Basis zu schaffen, haben wir eine umfangreiche Untersuchung durchgeführt. Wir haben QR-Codes an Geschäften erhoben und ausgewertet sowie Händler und Passanten zur Akzeptanz von QR-Codes befragt (zum Untersuchungsdesign siehe Kasten, ausführlich zu der Untersuchung siehe Schröder/König, 2017).

Welche Händler QR-Codes anbringen

Wir schildern hier unsere Beobachtungen aus dem Jahr 2014. Sie zeigen zunächst, dass der Anteil der Einzelhandelsgeschäfte mit QR-Codes in jeder der sieben Städte lediglich bei einem Fünftel oder weniger liegt. Anders ausgedrückt: Die klar überwiegende Mehrheit der Einzelhändler verzichtet auf den Einsatz dieser Art von QR-Codes.
Des Weiteren zeigt sich:

Ober-, Mittel- und Unterzentren unterscheiden sich nicht wesentlich, was den jeweiligen Anteil der QR-Codes an den Einzelhandelsgeschäften betrifft.
Einzelhandelsgeschäfte in Hauptlagen haben einen höheren Anteil an QR-Codes als Geschäfte in Nebenlagen.
Filialisierte Betriebe haben einen höheren Anteil an QR-Codes als Betriebe selbstständiger Einzelhändler.

Somit setzen viele strukturell benachteiligte Einzelhändler, nämlich solche in Orten mit niedriger Zentralität, in Nebenlagen und mit weniger Ressourcen ausgestattete Selbstständige, nicht oder in nicht zielführender Weise auf QR-Codes an ihren Geschäften, um sich mit der digitalen Welt zu verbinden.

Wo sich QR-Codes finden und wo die Nutzer landen

Rund 59 % aller QR-Codes sind im Schaufenster platziert, knapp 27 % auf einer Glastür und gut 10 % am Türrahmen. Es finden sich kaum QR-Codes an Fassaden, an Säulen und in Schaukästen der Geschäfte. Die Personen, die die QR-Codes erhoben haben, haben in 70 % der Fälle gesagt, dass ihre Auffindbarkeit leicht gewesen sei.

Die Filialbetriebe leiten die Nutzer mit ihren QR-Codes zu großen Teilen entweder auf reine Informationsseiten, in ihre Online-Shops oder zu sozialen Medien. Dagegen ist der Anteil von Verlinkungen zu Online-Shops bei den Betrieben selbstständiger Einzelhändler deutlich geringer, was schlicht daran liegt, dass sie über weniger Online-Shops verfügen als die Filialsysteme. Sie leiten überwiegend weiter zu Informationsseiten, mit einem erheblichen Anteil an Seiten fremder Marken. Auch zeigte sich: Die Qualität der QR-Codes filialisierter Betriebe ist besser als die von Betrieben selbstständiger Einzelhändler, sie haben einen deutlich höheren Anteil mobil-optimierter QR-Codes.

Was die Einzelhändler zu QR-Codes sagen

Ende 2015 haben 102 Einzelhändler die Fragen beantwortet, aus welchen Gründen sie QR-Codes anbringen, wie häufig sie die Abrufe der QR-Codes erfassen, welche Ziele sie mit den QR-Codes verfolgen, welches dieser Ziele das wichtigste sei und in welchem Ausmaß es erreicht worden sei. Als Grund für die Anbringung von QR-Codes nannten rund 56 % der Händler, dass sie Informationen und Werbung vermitteln oder Kunden zu ihren Online-Shops weiterleiten wollen.

Fakten zur Studie
Zeitraum der Beobachtung: Frühjahr 2014 und Herbst 2015
Art der Einzelhändler: Filialsysteme, Verbundgruppen, nicht kooperierte Einzelhändler
Untersuchungsstädte: zwei Oberzentren, zwei Mittelzentren, drei Unterzentren
Untersuchungsorte: Einkaufszentren, Hauptlagen, Nebenlagen
Anzahl der Geschäfte mit QR-Codes: 2014: 199, 2015: 196
Anzahl der analysierten QR-Codes: 2014: 302, 2015: 299
Stichprobe in der Befragung: Herbst 2015: 102 Händler,
1 218 Passanten

Bei ca. 21 % der Geschäfte war es eine Vorgabe von der Zentrale oder sonstigen Dritten, bei ca. 16 % ein allgemeiner Trend, dem man sich anschließt. Rund 25 % der Befragten konnten sich nicht erinnern oder sagten sogar, nie einen QR-Code dieser Art angebracht zu haben.

Bei allen Antworten gibt es – mit Ausnahme der „Vorgabe von der Zentrale“, dies ist für Selbstständige nicht relevant – kaum Unterschiede zwischen Filialbetrieben und Betrieben selbstständiger Einzelhändler. Knapp 57 % der Händler erfassen überhaupt nicht die Anzahl der Abrufe der QR-Codes, die Passanten vor ihrem Geschäft eingescannt haben, 43 % in unterschiedlichen Abständen.

Die Frage nach den Zielen beantworteten 27 % der Befragten nicht. 32 % wollen die Reichweite der Kunden erhöhen bzw. Kunden gewinnen und den Umsatz steigern, 40 % Informationen und Vorteile vermitteln, 18 % die Personen zu ihrer Website bzw. zum Online-Shop weiterleiten, 12 % im Trend liegen bzw. das Image verbessern. Es waren mehrfache Antworten möglich.

Die Frage nach dem wichtigsten Ziel beantworteten 27 % der Befragten nicht. Die Reihenfolge der wichtigsten Ziele ist: die Reichweite der Kunden erhöhen bzw. Kunden gewinnen und den Umsatz steigern, Informationen und Vorteile vermitteln, die Personen zu ihrer Website bzw. zum Online-Shop weiterleiten sowie im Trend liegen bzw. das Image verbessern. 54 Händler haben Angaben zur Zielerreichung gemacht. Bei fast 41 % von ihnen liegt die Zielerreichung nicht oberhalb der 20 %-Marke, bei 74 % nicht oberhalb der 50 %-Marke. Weniger als 10 % der Händler sehen die Zielerreichung oberhalb der 80 %-Marke.

QR-Codes werden in den wenigsten Fällen zielorientiert geplant und die Ergebnisse kaum systematisch ausgewertet.

Wie sich die Passanten zu QR-Codes äußern

Etwas mehr als 46 % der 1 218 Passanten hatten schon einmal irgendeinen QR-Code eingescannt und gut 42 % von allen einen QR-Code von außen an dem Schaufenster oder an der Fassade eines Einzelhandelsgeschäfts in der Stadt gesehen, 7 % von allen einen solchen QR-Code dann eingescannt. Davon beurteilte gut ein Drittel – das sind gut 2 % von allen – die erhaltenen Informationen als nützlich (Stufen 5, 6 und 7 auf einer siebenstufigen Skala). Der durchschnittliche Wert, wie nützlich die Befragten die Informationen beurteilen, nachdem sie den QR-Code eingescannt hatten, lag bei 3,8.

428 Personen antworteten auf die offene Frage, warum sie noch nie einen QR-Code an Einzelhandelsgeschäften eingescannt haben. Die Gründe aus 493 Antworten lassen sich wie folgt kategorisieren: fehlende technische Voraussetzungen (119), fehlende Zeit und Bereitschaft, sich damit zu beschäftigen (76), Unsicherheit und fehlendes Vertrauen in die QR-Codes (23), kein Interesse an den Informationen, die der QR-Code vermittelt (23), sowie – ohne dies näher spezifiziert zu haben – kein Interesse (102), kein Nutzen (79) und keine Lust (48). Zudem wurden die Wahrnehmungen als unbewusst beschrieben (09) und „weiß nicht“ (14) genannt.

QR-Codes an Einzelhandelsgeschäften – was sie bringen

Die Ergebnisse aus den Befragungen der Einzelhändler und aus den Beobachtungen zu der Art und Weise, welche QR-Codes wie angebracht worden sind, führen zu der Vermutung, dass die Händler in den wenigsten Fällen den Einsatz der QR-Codes zielorientiert planen und sie die Ergebnisse kaum systematisch erfassen und auswerten. Eine Reihe von Antworten lässt erkennen, dass man die QR-Codes verwendet, weil es „modern“ ist; dies geschieht aber nicht aus der Überzeugung, einen Wettbewerbsnachteil aufholen zu können. Filialbetriebe und Betriebe selbstständiger Einzelhändler unterscheiden sich wenig in ihrem Verhalten.

Die Ergebnisse aus der Befragung der Passanten vermitteln den Eindruck, dass stationäre Einzelhändler mit QR-Codes an ihren Schaufenstern und Fassaden keinen Wettbewerbsnachteil aufholen oder einen Wettbewerbsvorteil erzielen können. Denn nur rund 7 Prozent der Befragten haben schon einmal einen solchen QR-Code eingescannt. In den anderen Fällen fehlen den Passanten die technischen Voraussetzungen, die Zeit, die Bereitschaft oder das Vertrauen, sich damit zu beschäftigen. Zudem haben sie kein Interesse an den Informationen oder sehen für sich keinen sonstigen Nutzen.

Viele digitale Techniken und Anwendungen sind in den letzten Jahren entwickelt worden. Gerade selbstständige Einzelhändler und insbesondere solche mit einer schlechteren Ressourcenausstattung und in einer schlechteren Wettbewerbssituation werden sich fragen, welche dieser Techniken sich eignen, um den Anschluss an den Wettbewerb zu halten oder wiederherzustellen. QR-Codes an den Schaufenstern oder Fassaden ihrer Geschäfte werden es solange nicht sein können, wie Passanten solche Codes nicht nutzen können oder wollen.

Zu untersuchen ist nun, welche Informationen, die sich über diese QR-Codes vermitteln lassen, den Passanten einen besseren Nutzen stiften könnten und welche Kommunikationsformen sich eignen, um auf sie aufmerksam zu machen. Ebenso ist nach den Ursachen zu forschen, ob stationäre Einzelhändler über den Einsatz solcher QR-Codes tatsächlich Wettbewerbsnachteile aufholen oder sogar Wettbewerbsvorteile erlangen können. //

Unsere Autoren:

Univ.-Prof. Dr. Hendrik Schröder

und Dr. Sophie König

Komfortable Bezahlerlebnisse am POS

Wenn sich die Kunden wieder einmal in langen Schlangen vor den Kassen einreihen wie in alten Zeiten, fragen sich nicht nur die Händler, warum sich der allgegenwärtige Fortschritt nicht auch auf die Zahlungsabwicklung auswirkt.